Salzburg Museum Belvedere

‚Häuschen in der Grube‘
Die vorhandene Topografie des großen Innenhofes wird gedanklich abgesenkt und mit einem Ensemble aus vier Baukörpern besetzt. Sie sind Steinhäuser, welche über ihre Zwischenräume lesbar werden. Diese Zäsuren sind – engen Gassen gleich – von neuen Fassaden begleitet, die Licht in die Ausstellungsebene führen. Vier dicht stehende ‚Villen‘ vermitteln im Innenraum eine Anmutung von der Geborgenheit, der Wohnlichkeit eines Stadthauses..
Ihre Dächer sind begehbar und stellen das ursprüngliche Hofniveau wieder her, sie binden damit ganz selbstverständlich an die umliegenden Erdgeschossböden an. Die historischen Fassaden des großen Innenhofes präsentieren sich auf Augenhöhe. An zwei Stellen verbleibt ein größerer Abstand zwischen den Häusern, es entstehen Atrien. Das nordöstliche wird von dem alten Eckstiegenhaus besetzt. Das mittlere bildet einen zentralen Grünraum mit Blickbeziehungen zwischen den beiden Etagen, dem Platz außen und dem Arkadengang innen.

‚Zwei Atmosphären, zwei Welten‘
Oben wird die urbane Platzfläche gestärkt, Bänke und einfach umzustellende Gastgartensessel laden zum Innehalten, Plaudern und Schauen ein. Es ist auch Platz genug für Veranstaltungen, Lesungen, Konzerte.
Der Blick von Passanten – und auch der Weg für Besucher – führt von oben nach unten, er führt vom Gestern ins Morgen.
Die untere Etage ist als artifizielle Naturlandschaft gedacht, in den engen Gassen, den Lichtfängern, wachsen Moose und Farne. Dort, wo sich der Zwischenraum markant zum Atrium aufweitet, entsteht ein Schaugarten wie im klösterlichen Kreuzgang. Ein sinnlicher Ort zur Erholung inmitten der neuen Ausstellungsräume.

Freilegen einer Hof-Loggia
Die beiden Innenhöfe werden unmittelbar verbunden, indem der Gewölberaum, in dem bisher die Fluchtstiege für die untere Ausstellungsebene untergebracht war, mit Bögen geöffnet wird. An zentraler Schnittstelle der beiden Höfe wird diese Loggia zur einladenden Geste, zum intuitiv spürbaren Eingang ins Museum. Für Ankommende aus allen Richtungen bündelt sich hier der Weg in eine Eingangshalle, deren Galerieausbildung schon neugierige Blicke in die neue untere Ebene erweckt. Am Luftraum vorbei gelangen Besucher zu Garderobe, Shop und Vermittlungsräumen. Die Synergien zwischen Salzburg Museum und Belvedere erlauben eine großzügigere Bespielung der historischen Säle.

‚Stadt im Kleinen‘
Besucher erfahren den neuen Ort als ‚Stadt im Kleinen‘, beim Durchwandern eines Geflechts aus Wegen, Plätzen und Treppen sehen sie aus kontrastreich situierten Fenstern auf gestockte, zuweilen bemooste Betonfassaden, spüren sie abwechslungsreiche Lichtstimmungen. Die vier unterschiedlich großen Körper gruppieren sich um das Atrium. Der Weg kann beliebig gewählt werden, aus jedem Ausstellungsraum kommt man auch zur begrünten Mitte.
Über diese sind auch die beiden neuen Treppenanlagen verbunden, begleitet von den archäologischen Mauern. Ein großzügiger Abgang vom Haupteingang führt geradewegs zum Atrium, er erschließt nun die bestehende Ausstellungshalle gleichermaßen wie die Räume fürs Belvedere.
Am südlichen Ende bahnt sich ein Aufgang über den alten Keller und von dort über die reaktivierte Treppe zu den Ausstellungsräumen im Südtrakt.

Eingänge als Passage
Die drei wieder aktivierten Eingänge in die Anlage stellen die prominenten historischen Portale dar. Sie sind auch Passagen im Sinne einer urbanen Vernetzung und holen die Stadt über beide Höfe ins Museum. Sie sollen zum Flanieren anregen.
In den Gewölben der Durchgänge abgehängte Lichtdecken ragen – ohne die Portale zu berühren – eineinhalb Meter vor und blinzeln in den Stadtraum. Ihre einfachen Stahlrahmen formen schlanke Rechteckflächen, die nach oben und unten leuchten.
Sie erwecken die Erwartung auf etwas Besonderes, erzählen vom bedeutenden Kulturort hinter den Fassaden.

Ein ehrwürdiges Gebäude – am Puls der Zeit
Der Entwurf wagt eine Synthese aus respektvollem Erhalt des vertrauten Charakters und zukünftigen Bedürfnissen – ein ehrwürdiges Gebäude am Puls der Zeit: Die behutsame Rücksichtnahme mit einer Interpretation des fast unangetastet erscheinenden Hofbodens und der radikalen Neuerung einer zweiten Erdbodenebene fließen ineinander.
Dadurch ist es auch selbstverständlich, in der zweiten Ebene einfach Häuser zu bauen.
Das Raumgefüge ist lesbar und sorgt für Übersichtlichkeit, es lädt vor allem jedoch dazu ein, begangen, berollt und bespielt zu werden.

Materialität und Haptik
Die neuen Gebäudeteile sind als gestockte Sichtbetonkörper gedacht – ganz im brutalistischen Sinne. Raumbildung, Witterungsschutz, Fassade und Innenoberflächen sind weitgehend homogen. Nur da, wo sich aus der Nutzung besondere Ansprüche an die Materialität ergeben, gibt es Veredelungen wie etwa Akustikvertäfelungen oder Bildwände. Der konglomeratähnliche, raue Beton spiegelt einerseits die steinige Anmutung des Platzbodens wider, lässt sich andererseits aber auch als altstadthomogene Fassade Salzburgs lesen. In Verbindung mit dem historischen Mauerwerk entsteht ein farblich stimmiges Gesamtensemble. Die Angebote zum Verweilen sind bewusst verrückbar, es wird nichts endgültig verstellt. Sessel und Bänke kontrastieren in der von den historischen Putzen abgeleiteten roten Farbe.

Landschaftsarchitektur
Der neue Museumshof bietet ein überraschendes Raumerlebnis: zwischen den in den Hof gestellten mineralischen Ausstellungskuben öffnen sich grüne Fugen, die von Moosen, Farnen und Schattenstauden besiedelt werden. Diese öffnen sich zu einem zentralen, tieferliegenden Hof, wo sich die landschaftliche Atmosphäre weiter verdichtet. Für die Besucher entsteht ein Ort mit sinnlicher Aufenthaltsqualität und eine Referenz zur wasserreichen, alpin geprägten Landschaft in der Region.

Status
Wettbewerb 3. Preis

Salzburg
2022

Auftraggeber
Land Salzburg
Salzburg Museum GmbH

Landschaftsarchitektur
studio boden

Visualisierungen
Sarah Hopfner-Heindl

Team
Monika Furtner
Antonia Forster
Ursula Hertl
Gernot Hertl