Geschäftshaus in Amstetten
Die Handelsgesellschaft für Foto, Optik und Elektronik hatte im Zentrum von Amstetten ein Geschäftshaus aus den Achtziger Jahren erworben, an dessen Stelle ein neues Hartlauerhaus errichtet werden sollte. Das Grundstück befindet sich zwischen Wiener Strasse – der etwas heruntergekommenen Geschäftsmeile der Stadt – und der Grabenstrasse auf der Bahnhofseite. Uns war von Anfang an wichtig, dass das neue Gebäude diese beiden Seiten verbindet, kein vorn und kein hinten besitzt.
Als interne Gasse dringt ein Weg in Längsrichtung durch das Haus und erschließt die beidseitig gruppierten Raumzonen der einzelnen Geschäftsabteilungen. Natürliches Licht sickert von oben in diese Gasse hinunter. Es kommt von der aufgesetzten Laterne, die nach außen hin diese Wegverbindung symbolisiert und die Eingänge markiert.
Strukturell gibt es drei Schichten: In der Mitte die Laternengasse, welche das Haus in voller Höhe durchschneidet. Westlich davon steht ein kurzer Betonriegel, östlich ein 53,35m langer Trakt, der an der Wiener Strasse bis in die entstandene Baulücke vordringt und an beiden Enden die werbewirksamen Kopffassaden ausbildet. Das Verschieben der beiden Riegel dient nicht nur der Proportionierung des Volumens, sondern auch der Definition eines Vorplatzes an der Grabenseite, auf dem eine alte Rotbuche bestehen bleibt.
Die drei Schichten sind intern auf drei raumbildenden statischen Elementen aufgebaut, die das Geschäft auf selbstverständliche Weise in Einzelbereiche unterteilen und eine völlige Stützenfreiheit ermöglichen. So gibt es einmal den monolithischen Betonkern. Er nimmt Nassräume und Vertikalerschließung auf. Von ihm spannt sich ein 18m langer Bürotrakt aus perforierten Wandträgern zum Nachbarhaus. Darunter öffnet eine Loggia den Verkaufsraum nach Westen hin. Dann gibt es eine Feuermauer entlang der östlichen Grundgrenze. Sie ist im Geschäft als rote Medienwand gedacht, die im Raum stets präsent bleibt. Auf ihr und dem gegenüberliegenden Stahlbetonriegel liegen die Dachträger auf. Das dritte Element ist die Gasse unter der Laterne selbst. Ein Spalt in der Erdgeschossdecke wird durch Auskragen der Betondecke einerseits und einem Abhängen der Stahldecke vom Dach andererseits bewältigt. Verspielte Leichtigkeit begleitet die strenge Form.
Im OG sind neben Büros auch Lager, Technik und Sozialräume untergebracht. Deshalb kann das EG fast zur Gänze als Verkaufsfläche genutzt werden. Trotz der Größe der freien Fläche ist diese in klare Raumzonen unterschiedlicher Qualitäten gegliedert. Dies verhindert den unübersichtlichen Hallencharakter eines Großmarktes.
Von außen betrachtet ist das ganze Haus von einem dezenten blauen Schimmer umhüllt. Logos sind direkt in die Fassaden eingebunden, die gesamte Oberfläche wird teil der Firmenidentifikation – ohne aufdringlich zu sein. Für unterschiedliche Bauteile kommen unterschiedliche Fassadenmaterialien zur Anwendung. Sie sind für das jeweilige technische Erfordernis kostenoptimiert und helfen, die Errichtungskosten niedrig zu halten. Ihnen allen gemein ist neben dem einheitlichen Schimmer und ein Fugenbild, das sich netzartig über alle Oberflächen spannt und mit der Abnahme der Plattenhöhen nach oben hin als Hommage an das klassische Stadthaus gedacht ist.
Blaue Glassplitter prägen die Kopffassade der Wiener Strasse, mattblau satinierte Glasscheiben jene der Grabenseite. In den dunklen Blechsandwichpaneelen der Feuermauer spiegelt sich das Blau des Himmels. Milchigblaue Polycarbonatplatten bedecken den Betonriegel und Blauprofilitglas bildet das Lichtband der Laterne.
In der Nacht wird dieses Konzept des blauen Schimmerns mit künstlicher Beleuchtung fortgesetzt. Ein zufälliges Muster aus Schwarzlicht-Streifen läuft die Stirnfassade hinunter durchs Geschäft hindurch und an der anderen Seite wieder die Wand hoch.
Im Stadtbild ordnet sich der Bau in die Reihe traditioneller Geschäftshäuser ein, vermittelt aber selbstbewusst jenen Hauch von Urbanität, den die Innenstadt heute allzu oft vermisst.
Status
Gebaut
Amstetten
2001
Fotos
Paul Ott
Wiener Strasse 10
3300 Amstetten | A
Team
Josef Steinberger
Gernot Hertl