Dorfhaus Gleink

Eine in Ost-West-Richtung verlaufende Hauptstraße prägt das Zentrum vom Dorf Gleink, sie endet tangential am Eingang des Stifts, um geknickt am Fußende der oberen Ennstalgeländekante weiterzulaufen. Während sich der Straßenzug nach Süden zur Stadt hin mit losen Bebauungsstrukturen öffnet, ist die Nordseite, an der auch das Stift liegt, von geschlossener Bauweise geprägt. Zweigeschossig verlaufen hier lange Lochfassaden mit horizontalem Giebelabschluss. Sie sind dörflich schlicht gehalten. Östlich des Klostergartens verläuft die Friedhofstraße und bildet mit der Hauptstraße einen keilförmigen Bauplatz, auf dem bereits das Elternhaus des Bauherren steht – an der Hauptstraße ausgerichtet.

Unser Ziel war es, beim Entwurf für das Wohnhaus die örtlichen Charakteristika aufzunehmen und mit dem bestehenden Elternhaus einen Dialog herzustellen, gleichzeitig dabei den fehlenden Abschluss an der Straßeneinmündung zu kompensieren. Die dichte dörfliche Struktur sollte gerade in Nachbarschaft zum Stift intensiviert werden. Das Haus steht parallel zur Friedhofstraße. Ein Aufnehmen der äußeren Form des Elternhauses lässt ein Ensemble entstehen, das die beiden Dorfstraßen im städtebaulichen Sinn verknüpft.

Ein Satteldach mit 45 Grad Neigung sitzt auf einem länglichen Baukörper von 22,5m Länge und 8m Breite. Diese Länge verleiht gemeinsam mit der Höhe von zwei Geschossen dem Straßenraum die angemessene Dörflichkeit, da sie das Gefühl von geschlossener Bauweise simuliert. Dies wird an den Enden noch verstärkt, wo auskragende Platten einen Autoabstellplatz überdachen beziehungsweise eine Veranda vor dem Wohnraum ausbilden. Ein sattes Grau zieht sich über Dach, Fassade und Plattenuntersichten. Scharfe Kanten und bündige Flächen lassen den Baukörper in seiner einfachen Form noch schlichter erscheinen, als es die ländlichen Bauten aus früherer Zeit konnten.

Zeitgemäße Details und Materialien verbunden mit Niedrigenergiebauweise transformieren die Idee des schlichten intelligenten Bauens in dörflicher Tradition. Fenstertüren ziehen in unregelmäßigem Abstand senkrechte Streifen über die Fassade. Sie wirkt dadurch flächiger. Gleichzeitig stellen die französischen Balkone einen größeren Bezug zum Außenraum her, auch zur Straße. In Querrichtung überwindet das Haus einen Niveauunterschied von einem halben Geschoss, was wir dazu genutzt haben, den Wohnraum abzusenken und dabei einen direkten Zugang zum Garten herzustellen. Die gleichbleibende Decke läuft als Kragplatte ins Freie und spannt damit einen 4,15m hohen Raum auf, der halb innen und halb außen liegt. Durchbrüche, lange Sichtachsen und eine offene Dachuntersicht lassen das Volumen des Baukörpers innen erleben.

Das Haus will kein Aufsehen erregen, es will eine Lücke im Dorfgefüge schließen, es will sich einer Struktur unterwerfen, die man in der Gegend kaum noch findet: die Struktur des Dorfes.

Status
Gebaut

Steyr-Gleink
2000-2002

Fotos
Paul Ott

Auszeichnungen
Austrian Brick Award 2007

Team
Josef Steinberger
Gernot Hertl